Bundesweit einmalig: Auf dem Kalkhügel Osnabrück entsteht öko-soziales Wohnprojekt
Wenge-Genossen schaffen es doch
Bundesweit einmalig: Auf dem Kalkhügel Osnabrück entsteht öko-soziales Wohnprojekt
Wilfried Hinrichs NOZ vom 22.04.2024
Osnabrück bekommt nun doch ein ökologisches und soziales Vorzeige-Wohnprojekt: Die Genossenschaft Wenge-OS hat ein Grundstück auf dem Kalkhügel gekauft. Jetzt sind alle glücklich, dass der erste Anlauf im Landwehrviertel gescheitert ist.
Lange hatte die Wohnungs- und Energiegenossenschaft Osnabrück (Wenge-OS eG) geplant, im Landwehrviertel ein ökologisches, soziales und gemeinschaftsorientiertes Wohnprojekt zu entwickeln. Doch die Pläne kamen nicht voran, schließlich ersticken die hohen Zinsen alle Euphorie. Doch jetzt lebt die Begeisterung für das in Osnabrück bislang einmalige Projekt wieder auf: Die Wenge zieht auf den Kalkhügel.
Die Genossen haben ein Grundstück „in einer wesentlich besseren Lage“ an der Mercatorstraße auf dem Gelände der ehemaligen General-Martini-Kaserne erworben, wie es in einer Mitteilung heißt. Dort soll ein nachhaltiges „Plusenergiequartier“ mit mehreren Mehrfamilienhäusern entstehen, das nach Angaben der Genossenschaft „bundesweit Vorbildcharakter“ haben wird.
Die Zech Architekten GmbH und die Stadt Osnabrück sind dabei, die planungsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Für das 5700 Quadratmeter große Grundstück wird zurzeit ein vorhabenbezogener Bebauungsplan (Nr. 656) erarbeitet.
An dem genossenschaftlichen Wohnprojekt wird seit Jahren gearbeitet. Ziel ist es, für Menschen unterschiedlicher Einkommens- und Altersgruppen ein Quartier zu schaffen, bei dem Klimaschutz, nachwachsende Baustoffe und umweltfreundliche Mobilität Planungsgrundlagen sind. Die Wenge-Genossenschaft hatte sich dafür das Grundstück in der ehemaligen Landwehrkaserne in Eversburg reservieren lassen.
Die Zinsen galoppierten davon
2023 lag endlich der Bauantrag auf dem Tisch, aber der Wenge waren die Zeit und die Zinsen davongelaufen. 4,5 statt 0,9 Prozent – das ließ sich nicht mehr wirtschaftlich darstellen. Die Grundstückseigentümerin, die Stadtwerke-Tochter Esos, beendete die Hängepartie und überließ die Fläche Anfang 2024 der städtischen Wohnungsgesellschaft WiO.
Das Scheitern erweist sich als Glücksfall
Für die Wenge-Genossenschaft erweist sich das Scheitern im Landwehrviertel im Nachhinein als Glücksfall. So lesen sich zumindest die Aussagen der Beteiligten, die in der Mitteilung zitiert werden: „Wir freuen uns sehr, ein so innenstadtnahes Grundstück gefunden zu haben, das optimal zu unseren Vorstellungen eines gemeinschaftlichen Wohnens passt“, wird Wenge-Vorstand Mark Walter zitiert. Und sein Vorstandskollege Lutz Igelmann ergänzt: „In Osnabrück fehlt nachhaltiger und sozialer Wohnraum. Wir sind daher sehr glücklich, jetzt mit der Umsetzung unserer Projektidee starten zu können und ein genossenschaftliches Quartier mit hohem Wohnkomfort zu realisieren.“
Bebauungsplan ist in Arbeit
Die Fläche an der Mercatorstraße wurde nach Schließung der Kaserne von einem sozialen Dienstleister genutzt. Es gab eine Fahrzeughalle, mehrere kleinere Gebäude, Stellplätze und Rasen. Ein privates Wohnungsbauunternehmen aus Osnabrück schmiedete 2019 Pläne für ein „Wohnquartier Mercatorstraße“ mit 35 Wohneinheiten. 2020 leitete die Stadt dazu die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ein. 2022 geriet das Projekt ins Stocken, und der Investor gab die Fläche zurück auf den Markt.
Die VVB Immobilien, eine Tochtergesellschaft der Vereinigten Volksbank in Osnabrück, fügte das Puzzle am Ende zusammen. „Wir sind stolz darauf, dass wir dieses bedeutende Grundstück erfolgreich vermittelt haben“, sagt Karl-Heinz Pricking von der VVB Immobilien.
„Unsere genossenschaftliche Ausrichtung treibt uns dazu an, nachhaltige und langfristige Werte zu schaffen.“
Heinz Pricking
VVB Immobilien
Die Wenge-Genossenschaft muss nicht neu planen, sondern kann auf den Entwurf vom Landwehrviertel zurückgreifen. Vorgesehen sind fünf Baukörper in Holzbauweise und mit hohen energetischen Standards, die Platz für etwa 50 Wohneinheiten bieten. Auch Menschen mit geringen Einkommen sollen eine Chance bekommen, dort zu wohnen.
Investitionen in eine bessere Welt
Auch bei der Finanzierung hat sich in den vergangenen Monaten überraschend eine Tür geöffnet. Die Evangelische Bank mit Sitz in Kassel, die als größte Genossenschaftsbank Deutschlands gilt, bietet der kleinen Genossenschaft in Osnabrück Hilfe an. Ihre Fondgesellschaft EB-Sim unterstützt mit „Investments für eine bessere Welt“ nachhaltige Projekte. Das Wenge-Wohnprojekt passt den Angaben zufolge genau ins Konzept der Fondsgesellschaft.
Der vorhabenbezogene Bebauungsplan soll so schnell wie möglich zum Abschluss gebracht werden. Als nächster Schritt folgt die öffentliche Auslegung.