Energie und Gemeinsinn: Bauplatz für Osnabrücker Wohnprojekt gekauft

Neue Osnabrücker Zeitung vom 09.08.2021

Osnabrück. 53 Wohnungen, energieoptimiert nach allen Regeln der Kunst und noch dazu bezahlbar – dafür steht die Wohnungs- und Energiegenossenschaft Osnabrück (Wenge). Jetzt hat sie sich ein Grundstück im Landwehrviertel gekauft.

Gute Nachbarschaft und ein extrem günstiger CO2-Fußabdruck: Die Genossenschaft hat ihre Ziele hoch gesteckt. Ende 2022 oder Anfang 2023 soll das seit Jahren geplante Gemeinschaftsquartier Realität werden. Ein fast quadratisches, 7288 Quadratmeter großes Grundstück hat die Wenge zwischen dem Leedsring, der Günter-Kittelmann-Straße und dem Glasgowring von der Stadtwerke-Tochter Energieservice Osnabrück (Esos) erworben. Mit den Bauarbeiten könnte es eigentlich schnell gehen, sobald die Grundplatten aus Beton gegossen sind. Denn die Häuser werden in Holzrahmenbauweise entstehen.

Zeitraubend sind allerdings die Planungsschritte, die vorher noch stattfinden müssen. So kann der Bauantrag erst eingereicht werden, wenn das städtebauliche Konzept mit der Stadt und der Esos abgestimmt ist. „Da stecken noch Unwägbarkeiten drin“, sagt Lutz Igelmann, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Wenge. Aber er ist zuversichtlich, dass der Idealismus, den die Initiatoren der Genossenschaft eingebracht haben, auch Früchte trägt – für Mieter und Investoren.

„Wer hier einzieht, braucht keinen Pkw“

Mit dem Wenge-Quartier soll die Vision von einer Wohnanlage mit Menschen aus unterschiedlichen Generationen verwirklicht werden, die eine große Gemeinschaft bilden, sich solidarisch unterstützen und gegenseitig helfen. Von einem nachbarschaftlichen Netzwerk ist die Rede, in das sich jeder und jede mit einbringen kann. Mark Walter, der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft, beschreibt das Projekt so: Geplant sind 53 barrierearme Mietwohnungen, die sich auf sieben Gebäude verteilen. Ein weiteres Gebäude soll die Technik aufnehmen, die für die Fotovoltaikanlagen auf den Häusern, für das Nahwärmenetz und die Wärmeversorgung benötigt wird.

„Jeder, der hier wohnt, nutzt die Energie, die vor Ort produziert wird, erklärt Lutz Igelmann. Und alle Gebäude sind nach dem KfW-40-plus-Standard ausgelegt, für den es staatliche Zuschüsse gibt. KfW 40 ist die höchste Effizienzhausstufe, die mit eigener Stromerzeugung und Selbstnutzung des erzeugten Stroms einen besonders hohen Wirkungsgrad erzielen soll. Außerdem ist ein nachhaltiges Mobilitätskonzept vorgesehen, das Stadtteilautos oder gemeinsam genutzte Lasten-E-Bikes einbezieht. „Wer hier einzieht, braucht keinen Pkw mehr“, sagt Walter und verweist darauf, dass im Mietpreis für die Wohnung auch ein ÖPNV-Ticket enthalten ist. Zu den Vorteilen der Energieeffizienz gehört aber auch, dass die Nebenkosten auf einem sehr niedrigen Niveau liegen dürften.

Menschen gesucht mit Sinn für Gemeinschaft

Schon die äußere Gestaltung des neuen Quartiers soll den Gemeinschaftsgedanken widerspiegeln. Umrahmt von den Wohngebäuden wird der große Innenhof mit Spielplatz und Garten. Räume für die gemeinschaftliche Nutzung sind Bestandteil des Konzepts, etwa ein Café, ein großer Raum für Begegnungen und eine Wasch-Lounge.

Was jetzt noch fehlt, sind die Menschen, die das Quartier mit Leben erfüllen. Ab August nimmt die Genossenschaft Bewerbungen für die Wohnungen entgegen. Außerdem soll mit den zukünftigen Bewohnern eine Gemeinschaftsordnung entwickelt werden. Alle hätten die Chance, die Regeln für das Zusammenleben mitzugestalten, sagt Jannine Buck-Igelmann, die als Mitglied im Aufsichtsrat der Wenge für die Vermietung zuständig ist. Wichtig sei jedoch, dass die Bewerber auch Interesse haben, an der Gemeinschaft mitzuwirken und eigene Ideen einzubringen.

Bedingung ist, dass jede Mietpartei Mitglied in der Genossenschaft wird und entsprechend der Wohnungsgröße Genossenschaftsanteile erwirbt. Die Wenge-Gründern vergleichen diesen Anteil mit einer Kaution, wie sie auch bei anderen Mietwohnungen hinterlegt werden muss. 300 bis 400 Euro pro Quadratmeter werden dafür veranschlagt. Mieter mit geringem Einkommen können sich diese Einstiegsabgabe von der N-Bank vorfinanzieren lassen. Von Mietern mit besserer finanzieller Ausstattung wird auch ein Baukostenzuschuss erwartet.

Nach den Plänen der Genossenschaft werden 30 Prozent der Wohnungen an Menschen mit Wohnberechtigungsschein vergeben. Weitere 30 Prozent der Objekte sollen sich nach dem Osnabrücker Mietpreisspiegel richten und 40 Prozent sind als Premium-Wohnungen geplant. Die gesamte Investitionssumme wird auf 12,8 Millionen Euro veranschlagt. 865.000 Euro werden über die Mitglieder als Eigenkapital eingebracht. Weitere 800.000 Euro sollen von Investoren eingeworben werden, die eine festgelegte Rendite erhalten.