Wohnungs- und Energiegenossenschaft Osnabrück sucht Mieter und Investoren

Neue Osnabrücker Zeitung vom 17. August 2019

53 Wohnungen im Landwehrviertel

Osnabrück. Sozial, ökologisch, energieeffizient: Die Wohnungs- und Energiegenossenschaft Osnabrück (Wenge) steht in den Startlöchern, um im Landwehrviertel 53 Wohnungen für Mieter aus unterschiedlichen sozialen Milieus zu bauen. Wer mitmischen will, muss nicht unbedingt Geld mitbringen – aber Genossenschaftsgeist.

Fast sieben Jahre hat es gedauert, jetzt ist die Wohnungs- und Energiegenossenschaft amtlich registriert. Dafür soll es mit dem Wohnprojekt im sogenannten „Baufeld B“ umso schneller gehen. Das Konzept steht, die Detailplanung beginnt, und Anfang 2022 sollen die Gebäude in Holzrahmenbauweise errichtet sein. Erst kommt die Betonplatte, dann werden die vorgefertigten Teile montiert. Und schon bald darauf sollen die Bewohner einziehen können.

Die Wenge hat sich ein annähernd quadratisches Grundstück mit 7288 Quadratmetern im nördlichen Teil des Landwehrviertels gesichert. Nach den Plänen der Genossenschaft sollen die Gebäude einen Hof umrahmen, der als Begegnungszone gedacht ist. Es darf gegrillt werden, und ein Lagerfeuer ist ausdrücklich erlaubt, wie Lothar Röwer betont, der als Aufsichtsratsvorsitzender der Genossenschaft fungiert. Auch Gemeinschaftsräume sind eingeplant, bei Interesse außerdem ein Café.

Wärmepumpe und Solarzellen

Die Gebäude sind nach dem höchsten KfW-Effizienzstandard „40 Plus“ konzipiert, mit einer Stromversorgung aus Solarzellen, mit Heizenergie aus der Wärmepumpe und Dachbegrünung. Ein separater Treppenturm mit Fahrstuhl soll energetische und brandschutztechnische Vorteile bieten. Um alle Ressourcen optimal zu nutzen, will die Wenge auch die Abwärme aus den Kühlanlagen des Rewe-Markts und aus dem Abwasser auffangen.

Wer ins Wohnkarree der Wenge zieht, brauche kein eigenes Auto, meint Röwer, aber verboten sei das natürlich nicht. Gleich nebenan werde es eine Station fürs Carsharing geben, ebenso eine Schnellladesäule für leistungsstarke E-Autos, und jeder Bewohner bekomme eine Monatskarte für den Bus, der das Landwehrviertel schon jetzt alle zehn Minuten anfährt. Zum aktuellen Konzept gehören außerdem eine Fahrradwerkstatt und ein Waschsalon. Energieeffizienz bestehe ja auch darin, nicht 53 Waschmaschinen und 53 Trockner aufzustellen, vermerkt der Aufsichtsratsvorsitzende, der als Spezialist für Sicherheits- und Gebäudetechnik ein Mann vom Fach ist.

Auch für Mieter mit wenig Geld

Nicht nur in ökologischer, sondern auch in sozialer Hinsicht soll das genossenschaftliche Wohnmodell ein Leuchtturmprojekt werden. Angestrebt wird ein Zusammenleben der „verschiedenen Generationen in gegenseitiger Achtung und Unterstützung“, ein Miteinander, das sich auf die Lebensbereiche „Arbeit, Bildung, soziale und geistige Entwicklung, Freizeit, Wohnen und Spiel“ bezieht. So steht es in der Präambel, an der die Initiatoren lange gefeilt haben.

Die soziale Komponente besteht darin, finanziell gut gestellte Mieter ebenso anzusprechen wie solche mit geringerem Einkommen. Dafür gibt es eine Staffelung, die Genossenschaftsvorstand Mark Walter so erklärt: 30 Prozent der Wohnungen sind für Menschen reserviert, die einen Wohnberechtigungsschein vorlegen können, weitere 30 Prozent für „Normalverdiener“, deren Beitrag sich am Mietpreisspiegel orientiert und 40 Prozent, die für einen gehobenen Standard auch einen entsprechenden Aufschlag zu zahlen bereit sind.

Genosse werden

Wer bei der Wenge einziehen will, muss Genosse werden und einen entsprechenden Anteil erwerben, „eine Art Kaution“, wie Röwer es nennt. Dafür sind zwischen 300 und 400 Euro pro Quadratmeter fällig. Bei den Mietern mit geringerem Einkommen wird diese Einstiegsabgabe von der N-Bank vorfinanziert. Neben diesem Baukostenanteil, der knapp 900.000 Euro einbringen soll, werden Investoren gesucht, die ihr Geld langfristig anlegen wollen und Röwer zufolge eine Rendite erwarten dürfen, die über den banküblichen Zinsen liegt. Den Rest will die Genossenschaft über Darlehn finanzieren.

Insgesamt 12,7 Millionen Euro sind für das Projekt im Landwehrviertel veranschlagt. Lothar Röwer betont, dass die Stadtwerke-Tochter Esos, von der die Wenge das Grundstück kauft, das Konzept auf Herz und Nieren geprüft habe. Für das Gründungskonzept „Wohnprojekt Landwehrviertel“ hat es schon 2016 erste Lorbeeren gegeben: Bei einem Wettbewerb des niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr mit dem Genossenschaftsverband Weser-Ems kamen die Osnabrücker auf Platz 3.

Die Macher, die hinter der Wenge stehen, hoffen jetzt auf regen Zuspruch von Mietern und Investoren. Nähere Informationen gibt es auf der Internetseite wenge-os.de.